Montag, Mai 09, 2005

Die Einladung

Es interessiert mich nicht, womit du deinen Lebensunterhalt verdienst.
Ich möchte wissen, wonach Du innerlich schreist
und ob du zu träumen wagst, der Sehnsucht deines Herzens zu begegnen.

Es interessiert mich nicht, wie alt du bist.
Ich will wissen, ob du riskierst, wie ein Narr auszusehen,
um deiner Liebe willen, um deiner Träume willen
und für das Abenteuer des Lebendigseins.

Es interessiert mich nicht, welche Planeten im Quadrat zu deinem Mond stehen.
Ich will wissen, ob du den tiefsten Punkt deines eigenen Leidens berührt hast,
ob du geöffnet worden bist von all dem Verrat,
oder ob du zusammengezogen und verschlossen bist aus Angst vor weiterer Qual.
Ich will wissen, ob du mit dem Schmerz- meinem oder deinem- dasitzen kannst,
ohne zu versuchen, ihn zu verbergen oder zu mindern oder ihn zu beseitigen.
Ich will wissen, ob du mit Wildheit tanzen und dich von der Ekstase erfüllen lassen kannst,
von den Fingerspitzen bis zu den Zehenspitzen,
ohne zur Vorsicht zu gemahnen, zur Vernunft
oder die Grenzen der Menschheit zu bedenken.

Es interessiert mich nicht, ob die Geschichte, die du erzählst, wahr ist.
Ich will wissen, ob du jemanden enttäuschen kannst, um dir selber treu zu sein.
Ob du den Vorwurf des Verrats ertragen kannst und nicht deine Seele verrätst.
Ich will wissen, ob du vertrauensvoll sein kannst und von daher vertrauenswürdig.
Ich will wissen, ob du Schönheit sehen kannst, auch wenn es nicht jeden Tag schön ist
und ob du dein Leben aus Gottes Gegenwart speisen kannst.
Ich will wissen, ob du mit dem Scheitern –meinem oder deinem- leben kannst
und trotz allem am Randes des Sees stehen bleibst
und zu dem Silber des Vollmond rufst: “Ja!“

Es interessiert mich nicht zu erfahren, wo du lebst und wieviel Geld du hast.
Ich will wissen, ob du aufstehen kannst nach einer Nacht von Trauer und Verzweiflung,
erschöpft und bis auf die Knochen zerschlagen,
und tust, was für die Kinder getan werden muß.

Es interessiert mich nicht, wer du bist und wo du hergekommen bist.
Ich will wissen, ob du mit mir in der Mitte des Feuers stehen wirst
und nicht davor zurückschreckst.

Es interessiert mich nicht, wo oder was oder mit wem du gelernt hast.
Ich will wissen, was dich von innen hält, wenn sonst alles wegfällt.
Ich will wissen, ob du allein sein kannst und in den leeren Momenten wirklich
gern mit dir zusammen bist.



Oriah Mountain Dreamer, indianischer Stammesältester